Aus Anlass der Deutschlandpremiere von YAMA von Noa Wertheim / Vertigo Dance Company. Ansprache von Bernd Kauffmann
Ihr „Yama“, Ihre tänzerische See- und Tiefsee-Erkundungen haben in Geste und Bewegung mehr als
nur tief berührt. Für mich haben sie in Form und Ausdruck Spurenelemente einer „optimistischen
Tragödie“. So gesehen empfinde ich Ihre Choreografie wie eine bestechende Brechung und
Spiegelung, eines „Zwischenreiches“ von Menschen, die kaum noch freies Subjekt der Moderne und
ihrer Welt sind, sondern eher zu „Objekten“ der Macht der Verhältnisse geworden sind. Bedrängt,
belastet durch die Dinge, die Lasten, die Kuben, die über ihnen hängen und denen wir die Namen
Sachzwang, System, Struktur und Alternativlosigkeit geben, vom Terror und seinen grausamen
Feldzügen ganz abgesehen.
Als ich im Schlussbild die entblößte Frau, barfuß in freiester Bestimmtheit, entpanzert mit erhobenem
Arm ins „off“ abgehen sah, da empfand ich Sie und mich selbst wie Menschen, die nach all den
Lasten, nach all dem Unheil nur verschwinden wollen, sich vorher an der Tür noch einmal umdrehen,
weil Sie noch etwas sagen möchten, aber nichts mehr zu sagen haben, derweil der Rest der
Bekanntschaft sich weiter im rastlosen Kreise dreht. Alles auf Anfang.
Ich danke Ihnen für Ihre so bedrängende, aber ebenso befreiende Spiegelung unserer Befindlichkeit,
unseres Glücks und unserer freudlosen Verlorenheit, die uns nur zuflüstert nie nur uns selbst genug
zu sein, sondern sich in Gemeinschaft und Gemeinsamkeit jenseits von Ohnmacht und
Selbstbezogenheit der inneren Souveränität und Menschen-Zärtlichkeit zu versichern, ohne die eine
wirkliche Freiheit nie zu haben und zu leben ist.
Danke für diesen hinreißenden Abend voller Zorn, Zugeneigtheit und Melancholie, der uns im Inneren
Seekrank hinterlässt aber noch auf festem Boden